Wie Haßfurt einen Beitrag zur Rettung des Klimas leistet

Beim 3. Haßfurter Bürgerenergieforum wurde deutlich, dass die Stadt eine Vorreiterrolle im Klimaschutz spielt. Dennoch wollen die Verantwortlichen nicht stehenbleiben.

Es war ein straffes Programm, das die Teilnehmer des mittlerweile dritten Bürgerenergieforums am Freitag in der Haßfurter Stadthalle geboten bekamen: In fünf Vorträgen und einer anschließenden Podiumsdiskussion mit den Referenten drehte sich alles darum, wie künftig Energie gewonnen werden soll, ohne damit den Klimawandel weiter voranzutreiben.

Martin Sage, Main-Post-Redaktionsleiter für den Landkreis Haßberge, moderierte die Diskussion und begann diese mit einer Frage nach den Schülerprotesten „Fridays for Future“: Von den fünf Referenten, die zuvor über unterschiedliche Themen aus dem Bereich der Energiegewinnung gesprochen hatten, wollte er wissen, ob sie die Proteste für nötig halten.

Dr. Guido Weißmann bezeichnete die Freitagsdemos als „interessantes Signal“. Der Projektmanager der Bayerischen Gesellschaft für Innovation und Wissenstransfer hatte zuvor in seinem Referat für die Elektromobilität geworben. Allerdings müsse mehr geschehen als die Schülerproteste. „Wenn man wirlich was tun will, gibt es andere Aspekte, die aber weh tun“, betonte er, dass Engagement für den Klimaschutz oft nur so weit gehe, wie er keine Einschränkungen für einen selbst bedeute.

Dr. Timm Kehler vom Innovationsforum Brennstoffzelle, der zuvor über die „stromerzeugende Heizung der Zukunft“ referiert hatte, sagte über die Schülerproteste: „Es kommt an.“ Professor Markus Brautsch von der Oberbayerischen Technischen Hochschule (OTH) Amberg-Weiden nannte die Demos einen „wichtigen Impuls“, hoffe aber, dass eine Verstetigung einsetze. Brautsch und sein Institut arbeiten schon lange mit dem Haßfurter Stadtwerk zusammen und begleiten dessen Projekte zur Erneuerbaren Energie. Er hatte in seinem Vortrag darüber gesprochen, wie ein Energienutzungsplan für Haßfurt eine „intelligente Strom- und Wärmeversorgung von Privathaushalten“ ermöglichen soll.

Dabei arbeitet Brausch eng mit Stadtwerksleiter Norbert Zösch zusammen, der ebenfalls zu den Referenten des Bürgerenergieforums gehörte: Er hatte zu Beginn der Veranstaltung den aktuellen Stand der Haßfurter Energieprojekte vorgestellt. Zösch bezeichnete die Freitagsdemos als eine gute Sache und sagte mit Blick auf deren Initiatorin Greta Thunberg: „Es ist traurig, dass ein 16-jähriges Mädchen die Welt aufwecken muss.“ Auch Marlon Hassel von der Firma Siemens, der zuvor über Batteriespeicher für Privathaushalte gesprochen hatte, sagte, er finde die Proteste gut. „Aber die Frage ist: Was ist das Resultat?“ Energie sei ein komplexes Thema. „Wir können nicht einfach die Kohlekraftwerke abschalten und dann haben wir die Energiewende.“

Kritik kam dagegen aus dem Publikum: Haßfurts Altbürgermeister Rudi Eck meldete sich zu Wort und lobte einerseits die innovative Arbeit des Stadtwerks, ging aber dann auf die Schülerproteste und die Berichterstattung darüber ein. „Es ist toll und richtig, wenn sich Jugendliche melden“, sagte er. Was ihm aber nicht gefalle, ist, dass immer so getan werde, „als wenn nie was getan wurde“. In Demokratien sei es nun einmal nicht möglich, Projekte einfach umzusetzen; man müsse sehen, wofür sich Mehrheiten bekommen lassen. Eck kritisierte zudem, dass keine Schüler beim Energieforum in der Stadthalle anwesend waren, obwohl dieses außerhalb der Schulzeiten stattfand. Der Kritik, vielen Demonstranten gehe es nur darum, die Schule zu schwänzen, während sie der Klimaschutz in ihrer Freizeit nicht interessiere, widersprach allerdings Tagungleiter Hachem Farmand: Es hätte sehr wohl eine Gruppe von Schülern gegeben, die an der Veranstaltung teilnehmen wollte. Doch da die Zahl an Plätzen im großen Saal der Stadthalle begrenzt war, musste der Veranstalter bei der Voranmeldung aufgrund des großen Interesses einige Leute abweisen, darunter auch die Jugendlichen.

Ecks Aussage zu Demokratie und Mehrheiten entsprach auch den Aussagen von Timm Kehler und Markus Brautsch auf die Fragen des Moderators, warum so wenig von den Berechnungen und Empfehlungen der Wissenschaftler bei der Politik ankomme, oder warum es keinen großen Aufschrei aus der Wissenschaft gegeben habe, als Verkehrsminister Andreas Scheuer erklärt hatte, ein Tempolimit auf deutschen Autobahnen sei „gegen jeden Menschenverstand“. Brautsch meinte, es komme sehr wohl etwas bei den Politikern an, doch dann prallen eben Interessen aufeinander. Kehler betonte: „Wir sind eine Demokratie und leben davon, dass wir Mehrheiten aufbauen.“ Gerade deshalb seien ja auch die Proteste so dringend nötig.

In der anschließenden Diskussion meldete sich auch Volker Ortloff zu Wort. Der CSU-Bürgermeisterkandidat verwies darauf, dass in Deutschland sehr viel für die Energiewende getan werde, in anderen Ländern aber sehr wenig. Er fragte, was aus Großprojekten wie Desertec geworden sei, deren Ziel es ist, die Energie dort zu gewinnen, „wo am meisten vorhanden ist“, und sie dann an andere Standorte zu transportieren. So könne Sonnenstrom für Europa aus Afrika kommen oder Windstrom von der Küste. „Warum geht das nicht voran?“, wollte Ortloff wissen. Norbert Zösch entgegnete: „Wir schaffen es ja nicht mal in Deutschland, Leitungen zu bauen.“ Über Ländergrenzen hinweg werde das noch schwieriger. Moderator Martin Sage ergänzte, dass Desertec auch an der politischen Situation und dem Arabischen Frühling gescheitert sei, zumal eine Wüste, in der es zu Sandstürmen kommen kann, auch kein idealer Ort für Solaranlagen sei.

Neben den Vorträgen in der Stadthalle gab es für die Besucher auch die Möglichkeit, sich auf dem Platz vor dem Gebäude Elektroautos anzusehen. Autohändler präsentierten die neuesten Modelle und konnten unter anderem damit werben, dass die Reichweiten, die mit einer Aufladung zu erreichen sind, immer größer werden.

Um das Thema Elektromobilität drehte sich in der Halle auch das Referat von Guido Weißmann, den Tagungsleiter Hachem Farmand als jemanden vorstellte, der für seine unterhaltsamen Vorträge bekannt sei. Tatsächlich wurde Weißmann dieser Ankündigung gerecht. In seinen Ausführungen verglich er die Einführung von Elektroautos gegenüber Fahrzeugen mit Verbrennungsmotor mit der Einführung der CD, die die Kassette vom Markt verdrängte. Auch dort hätten am Anfang viele Menschen nicht an die neue Technik geglaubt: Kassetten waren billiger, wiederbespielbar und jeder hatte einen Kassettenrekorder – wozu also einen CD-Player kaufen? Doch mit der Zeit hätten sich auch die Vorteile der CD gezeigt, beispielsweise, dass das lästige Spulen wegfällt und der Hörer gleich zum Anfang des gewünschten Liedes springen kann.

Ähnlich sei es auch mit Elektroautos. „Das Problem ist: Wir vergleichen neue Technik immer mit dem, was schon da ist.“ Dabei könnten die neuen Geräte auch Vorteile haben, die wir nicht sehen, weil wir bisher gar nicht darüber nachgedacht haben. So rief er auch dazu auf, es nicht als Nachteil, sondern als Vorteil zu verstehen, dass man auf längeren Autofahrten mit einem E-Auto etwa eine halbe Stunde Pause machen muss, um es wieder aufzuladen: Er erinnerte daran, wie viele Unfälle durch Übermüdung des Fahrers passieren. Auf die Frage aus dem Publikum, was aus dem Batteriemüll der Elektrofahrzeuge werde, entgegnete Weißmann: „Die Technik zum Recycling gibt es schon, sie wird nur noch nicht angewendet, weil es dafür noch nicht genug Batterien gibt.“

Deutlich wurde bei der Veranstaltung, dass Haßfurt bereits auf einem guten Weg ist, was die Energiewende angeht. Um aber nicht stehen zu bleiben, arbeitet das Stadtwerk an immer neuen Ideen mit verschiedenen Kooperationspartnern. So entsteht in Haßfurt das erste Reallabor der OTH Amberg-Weiden, um eine moderne Energieversorgung systematisch untersuchen zu können, statt nur mit Berechnungen und Modellen zu arbeiten. Und auch ein Großenergiespeicher der Firma Siemens soll bald in der Kreisstadt stehen.

Quelle: Mainpost
Autor: Peter Schmieder